Dienstag, 17. Juni 2008

Hannover–Milngavie

Morgens um halb acht bin ich von selber aufgewacht. Wer mich kennt, der weiß, wie unwahrscheinlich das ist. Aber im Urlaub ist es nun einmal ausgemachte Sache zwischen Katja und mir, dass ich vor ihr aufzustehen habe. Ausgemacht hat diese Sache übrigens Katja.

Die letzte Dusche, der letzte heimische Toilettengang, das letzte vernünftige Frühstück – ab jetzt 14 Tage in die Fremde. Katja duscht, während ich die letzten Einträge ins Blog mache. In zehn Minuten etwa müssen wir los. Ein letzter Blick in meine E-Mails. Ein Kunde hat mir einen Auftrag für morgen geschickt. Hä? Hatte ich den nicht informiert, dass ich gar nicht da bin? Kurzer Check: Doch, selbstverständlich habe ich ihn informiert. Vor fast zwei Wochen. Entsprechende Mail zurück. Sofort ruft der Kunde mit leichter Panik in der Stimme an. Doch dies ist einer der seltenen Fälle, in denen ich nun wirklich nichts mehr machen und auch wirklich nichts mehr mit Externen regeln kann – es tut mir ehrlich Leid. Wir müssen los und bekommen gerade noch so unsere Bahn. Mit Rucksäcken läuft man eben doch langsamer als sonst.

Am Flughafen bekommen wir jede Menge unangenehmer Überraschungen. Zunächst einmal müssen wir für unser normales Gepäck Transportgebühren zahlen. Bitte was? Das ist doch kein Billigflieger für 29 Euro hier! Unsere Flüge kosten über 400 Euro! Diese Transportgebühr war bei Opodo.de nicht zu erkennen, vermutlich super klein oder in irgendwelchen AGB versteckt. 18 Euro sollen wir nun pro Gepäckstück und Strecke bezahlen! Da wir einen Zwischenstopp in Manchester (Hinflug) und einen in Birmingham (Rückflug) haben werden macht das 18 Euro x 2 Rucksäcke x 4 Flüge = 144 Euro. Plus Kreditkartengebühr von sechs Euro! Das hat den Flug mal so eben fast 50 % teurer gemacht. Hätten wir das geahnt, hätten wir nicht im Internet gebucht, sondern in einem Reisebüro.

Fängt gut an, was? Es kommt aber noch besser: Unser Flug hatte auch noch eine Stunde Verspätung. Ob ich dafür eine Rechnung stelle? Eine Stunde kostet bei mir immerhin 65 Euro. Netto.

Zunächst haben wir unsere Rucksäcke als Sperrgut aufgegeben und unsere Messer und den (leeren) Benzinkocher einer freundlichen Bundespolizistin präsentieren müssen. Sie schnupperte an der leeren Fuelbottle, die natürlich noch immer nach Sprit riecht, und meinte, das davon wohl keine Flugzeuge explodieren würden. Die Bottle war freigegeben.

Als wir durch die Zollkontrolle gingen, sah eine der jüngeren Zöllnerinnen den Wanderführer zum West Highland Way. "Wollt ihr da lang wandern?", fragte sie. Sie wolle den Weg im nächsten Jahr gehen; in diesem Jahr sei Nordschweden an der Reihe.

Unseren Anschlussflug in Manchester haben wir trotz der einstündigen Verspätung locker gekriegt, denn wir hatten in Manchester auch regulär einen Aufenthalt von drei Stunden. Irgendwie haben wir die dann auch rumgekriegt. Mit viel Langeweile. Denn selbst der Flughafen im irischen Shannon hatte in seinem World Famous Duty Free Shop Airport Parlour ein großzügigeres Angebot an Dingen zu bestaunen.

Der Flug von Hannover nach Manchester in einem zweistrahligen Jet und der von Manchester nach Glasgow in einer Turboprop lief ruhig ab, obwohl der Wind ganz schön bockig wehte. In Glasgow regnete es. Wir bekamen unsere als Sperrgut aufgegebenen Rucksäcke auf dem normalen Förderband zurück, und alle daran festgeschnallten Ausrüstungsgegenstände waren auch noch dran.

Eine freundliche Schottin namens Sarah verkaufte uns Bustickets zur Central Station und lehrte uns die korrekte Aussprache unseres heutigen Zielortes, dem Ausgangspunkt des West Highland Ways: Mollgäi. Geschrieben wird Mollgäi übrigens logischerweise Milngavie. Außerdem wies sie uns den Weg dorthin. Und der freundliche Busfahrer der Linie 500 donnerte mit seinem Wireless-LAN-bestückten Bus derart über die Straßen der Schottenmetropole, dass wir binnen kürzester Zeit in strömendem Regen vor dem Bahnhof standen. Auch dort trafen wir überall hilfsbereite Menschen, die uns den Weg durch das verzwickte Netz der Bahnsteige wiesen.

Willkommen im Land der lustig piependen Vorstadtzüge, die während der Fahrt Büsche streifen!

Mollgäi, äh, Milngavie ist ein kleiner Ort. Außer einem Bahnhof, einer Säule, die den Beginn des West Highland Ways markiert, einer kleinen Fußgängerzone und dem obligatorischen Glofplatz pro 1000 Einwohner gibt es hier nicht viel zu sehen. Das Bed & Breakfast, das ich telefonisch von Manchester aus gebucht hatte, ist ein sauberes, schickes Häuschen, das zwar keinen Familienanschluss, dafür aber ein ausgesprochen umfangreiches Frühstücksbüffet bietet. Ein wirklich umfangreiches Büfett.

Nach dem Bezug unseres Zimmers sind wir erst einmal in den Ort gegangen, genauer ins Cross Keys, eine niedliche Taverne, in der wir Fish & Chips aßen, ein Lager bzw. ein Wasser tranken, die beiden EM-Spiele Italien-Frankreich und Rumänien-Niederlande sehen konnten und trotzdem nur 11,40 Pfund (zzgl. Trinkgeld) zu bezahlen hatten. Ein Pfund sind ca. 1,26 Euro. Fairer Preis.

Als klar war, dass die doofen Italiener gewinnen würden, sind wir gegangen und haben uns den Ort angesehen. Ganz süß, aber alles andere als aufregend. Wir suchten nach einer Tankstelle, um morgen früh unsere Fuelbottle aufzutanken, damit wir eigenständig kochen können. Nachdem wir eine gefunden hatten, sind wir ins B&B zurück. Die Heizung, die unsere Wirtin Cathy wohlmeinend voll aufgedreht hatte, haben wir ganz schnell wieder abgedreht.

Keine Kommentare: